Buddha’s Vier edle Wahrheiten

Dieses unermessliche Geschenk “Menschliche Geburt” ist ein breiter Strom an wechselnden Empfindungen. Jede Morgen tauchen wir auf aus der großen Stille, Tiefschlaf. Jede Morgen durchwandern wir die Traumwelt und tauchen hinein in den Tag.
 

Was immer wir wahrnehmen es hat die gleiche Natur: es kommt auf weil die Bedingungen gerade da sind, ist eine Weile da, und vergeht wieder weil die Bedingungen nicht mehr da sind.
 
Buddhayoga ist das Ankommen und bewusst Verweilen in diesem breiten Strom an wechselnden Empfindungen. Allmählich entsteht Einsicht. Einsicht nicht so sehr als kluger Text den man aufschreiben und behalten kann, sondern Einsicht als Zustand. Ein-Sehen, wahrnehmen was wirklich aufkommt, eine Weile da ist und wieder vergeht.
 
Dieses bewusste Verweilen in der reinen Betrachtung wird Vipassana oder ‘Einsicht’ genannt. Mir scheint es holprig diese Seinszustand als Meditation zu beschreiben. Dann wird es etwas das wir tun, etwas anderes als den Alltag. Aber Einsehen IST der Alltag.
 
Die große Frage ist einfach immer wieder: BIST DU DA? Bist du wach, präsent? Nimmst du wahr was wirklich aufkommt, eine Weile da ist und wieder vergeht? Nimmst du das gegenseitig bedingte Entstehen war?
 
So kommst du an im Wahrnehmen von Buddha’s erster edler Wahrheit: ‘Es gibt Inhalte in deinem Wahrnehmungsfeld die nicht ganz rund laufen.’ Dukkha, ein Warmlaufen, Anecken, Widerstand, Anhaften.
 
Beispiel: Durch das Türchen Ohren strömen Klänge in mein Wahrnehmungsfeld. Zwei benzinbetriebene Kantenmäher werden unruhig durch das Gras und Gebüsch im Park geschwenkt. Das Hoch und Runter der Umdrehungszahl, das Wegspringen von Äste und Steinchen. Einfach Klänge. Ich spüre einen leichten Widerstand aufkommen.
1. edle Wahrheit: Es gibt Inhalte die nicht ganz rund laufen.
 
Und wenn du dran bleibst, nicht einsteigst in Denken, verstehen wollen, zeigt sich auch Buddha’s zweite edle Wahrheit: ‘Es ist möglich wahrzunehmen wie dieses nicht ganz rund laufen aufkommt, und was die Entstehungsfaktoren sind.’ Jeden Augenblick neu kannst du wahrnehmen wie greifen aufkommt, wie Widerstand entsteht, wie anhaften aufkommt, wie Verblendung entsteht.
 
Beispiel: Der Gedanke ‘Nicht schon wieder der Rasenmäher.’, ‘Nicht jetzt.’, ‘Nicht so unruhig, unbewusst, unharmonisch.’, ‘Warum nicht elektrisch statt Benzin, wäre doch viel leiser.’ Eine leichte Enge wird spürbar in meiner Brust, ich spüre die Neigung die Finger zu beugen, die Hände zu zumachen.
2. edle Wahrheit: Es ist möglich wahr zunehmen, wie dieses nicht ganz rund laufen aufkommt, was die Entstehensfaktoren sind.
 
Wenn du dann nicht einsteigst in die Gedanken, wirst du unweigerlich immer wieder auch Buddha’s 3. edle Wahrheit wahrnehmen: ‘Das nicht ganz rund laufen löst sich wieder auf und die Auflösungsfaktaren werden unmittelbar wahrnehmbar.’
 
Beispiel: Mein Bewerten ist in diesem Fall sinnlos. Ich möchte hier keinen Einfluss nehmen oder den Gedanken folgen. Ich möchte die Gemeinde nicht dazu bewegen, elektrisch zu mähen. Ich möchte jetzt die Mitarbeiter nicht unterrichten über harmonisch/ästhetisches Mähen. Ich brauche mich nicht aufzuregen über die Klänge. Ich kann aufstehen und an der anderen Seite der Wohnung weiter schreiben. Ich kann die Klänge einfach loslassen in der Wissenschaft, dass es ein Ende haben wird. All dies und viel mehr löst das ‘nicht ganz rund laufen’ wieder auf.
3. edle Wahrheit.
 
So kann Buddha’s 4. edle Wahrheit in deiner Wahrnehmung auftauchen: Ab und zu siehst du wie dieses bestimmte nicht ganz rund laufen künftig nicht mehr aufkommen wird.
 
Beispiel: Die möglichen Reaktionen auf das immer wieder zurückkehrende Mähen haben sich schon mehrmals gezeigt und beim Verweilen in der reinen Betrachtung ist es möglich geworden, schon bevor die Abneigung sich in Gedanken ausdrückt, zu handeln. Entweder Aufstehen und den Klangraum anders gestalten, einfach nicht einsteigen. Es gibt keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Vögelzwitschern und Motormähen.
4. edle Wahrheit.
 
Ein Schritt Richtung Läuterung, Befreiung IM Leben.
 
Wenn du dies geblickt hast, verstanden hast, erfahren hast, ist Befreiung was ganz Konkretes geworden und so einfach, so selbstverständlich, dass dein Befreiungsweg ein Selbstläufer wird.
Jede Erfahrung ist unvermeidlich ein Schritt Richtung Befreiung.
 
Es öffnet sich ein lebenslanger Weg

Buddhayoga