“Der nächste Buddha ist eine Gemeinschaft”

“Der nächste Buddha ist vielleicht keine Person sondern eine Gemeinschaft.”

Ein Satz, der beim ersten Mal hören wie ein Blitz einschlug. Zuerst war ganz lange Widerstand in mir da. Wie soll das gehen? Ist es nicht schon eine Seltenheit, dass ein einziger Mensch sich so befreit, dass man von Buddha sprechen kann? Wie soll dann eine Versammlung von Menschen diesen Grad erlangen?

Jahre habe ich mich mit all meiner geistigen Kraft auf diese Befreiung gerichtet.

Nach meiner ersten Begegnung mit Zenmeister Thich Nhat Hanh habe ich innerhalb von einem halben Jahr mein ganzes Leben aufgelöst. Habe mein sorgfältig aufgebautes Netz an Beziehungen und Verantwortungen als Unternehmensberater abgebaut, mein  Hab und Gut verschenkt und Abschied genommen von Familie und Freunden. So bin ich nach Frankreich gezogen in der Hoffnung aufgenommen zu werden in Thich Nhat Hanh (Thay’s) Kloster.

Vom Aufwachen bis zum Einschlafen haben wir das Satipatthana und Anapanasati Sutta geübt. Einatmen, Ausatmen, in jeder Körperstellung, in jeder Handlung.

Mir war klar, dass ich Sangha, die Gemeinschaft der Übenden brauchte, um mich auf den Weg konzentrieren zu können. Wir bekamen mehrmals in der Woche einen Vortrag von Thay, und während der vielen Retreats sogar jeden Tag. Thay nennt diese Vorträge ‘Dharmaregen’. Der Wert von Sangha wurde in fast jedem Vortrag betont und ab und zu kam dieser Satz: “Der nächste Buddha ist vielleicht keine Person sondern eine Gemeinschaft.” Ich lernte diese Sangha allmählich besser kennen und stellte mir die Frage: ‘Wie soll das gehen?’ Wie soll diese Sangha der nächste Buddha werden? Nach einer Weile war ich sogar überzeugt: “Das geht nicht. Unser Lehrer, Buddha Nhat Hanh, liegt da falsch.”

Und so konnte ich einen Teil des Dharmaregens, bestimmte Sätze in seinen Vorträgen, nicht mehr hören.

Als ich spürte und überzeugt war ‘verstanden’ zu haben was der Übungsweg ist, der Thich Nhat Hanh vorschlägt, und es mir mit der Sangha mal wieder sehr schwierig fiel, habe ich Thay ganz persönlich Erlaubnis gefragt die Sangha zu verlassen und alleine den Weg zu verwirklichen. Wir saßen zu zweit unter der großen Linde nebeneinander auf einem Sandstein. Er hörte mir ganz aufmerksam zu. Das ganze Universum war gleichzeitig da. Alles schien anzuhalten um den langsamen Gang unserer Worte zu folgen. Immer wieder verweilten wir in Stille.

Die Worte formten mir ein lebenslanges und unermessliches Geschenk.

Überwältigend strömte dann die Sangha auf mich ein. Während der einigen hundert Meter langsamen Gehens von der Linde zum Haus der Mönche hatte die Neuigkeit mich überholt. Ich hatte gedacht privat mit meinem Lehrer zu sprechen. Jetzt weiß ich, ‘Thay ist die Sangha, die Sangha ist Thay.’ Alle Schmerzen die jeder einzelne Mönch oder Nonne bei dem Thema ‘Bleiben oder Gehen’ in sich trug, kamen in dem Kontakt mit mir an die Oberflache. Ich hatte Thay unter der Linde versprochen, die 3 Monate des Winter-Retreats zu bleiben. Und das habe ich gemacht. Wochen gefüllt mit gemeinsam die schwierigen Gefühle und Gedanken aushalten, sie wahrnehmen und durchleben.

Sehr, sehr früh nabelte ich mich von der Sangha ab.

Zurück in deich n Niederlanden war das erste was ich tat wieder Sangha suchen, Sangha bauen. Jede Morgen früh leitete ich eine Meditationsgruppe, nach einigen Wochen sogar zwei. Mein ‘Projekt’ war es, mit anderen Übenden einen Weg zu einer Gemeinschaft von Übenden zu finden, damit wir zusammen Leben könnten. Eigentlich komisch, hatte ich das nicht gerade hinter mir gelassen? Als es mir dann in Holland nicht schnell genug ging mit Sangha, setze ich dieses Projekt in Deutschland und Italien fort.

Ein grosses Geschenk dieser Zeit war, dass ich 24 Stunden pro Tag unter meinen Bedingungen üben konnte. Jeder Atemzug, jeder Schritt, jedes Sitzen, jeder Blick, jedes Wort, jeder Gedanke völlig bewusst wahrnehmen.

Mit dem Buddha in meinem Herz, das Dharma in meinem Geist war ich wieder alleine unterwegs. Auf der Suche nach Sangha.

Seit 2008 wächst eine Gruppe von Übenden. Unsere Wahl-Familie.

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